Die Chronik der VR-Bank in Südniedersachsen 1894 bis 2019

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Sparen für den Wiederaufbau

(Seite 28)

Mit der Währungsreform füllten sich über Nacht die Schaufenster und Auslagen der Geschäfte. Urplötzlich gab es wieder Dinge zu kaufen, die vorher zurückgehalten oder nur unter der Hand auf dem Schwarzmarkt ertauscht werden konnten. Doch was heute zu den Gründungsmythen der Bundesrepublik zählt, ließ bei den Banken „Verhältnisse auftreten, die nicht so einfach zu meistern“ waren, wie der Vorstand in Holzminden klagte, denn sie brachten einen „fühlbaren Mangel an Geld und Kapital“. Für den Wiederaufbau beantragten die Mitglieder kurzfristige Kredite, doch zu deren Finanzierung musste die Volksbank auf den Kreditrückhalt ihrer Zentralkasse und der Landeszentralbank zurückgreifen. Für langfristige Darlehen fehlten vorerst die Mittel. Immerhin konnten sich die Genossenschaftsbanken in die von der ersten Bundesregierung aufgelegten Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung einschalten und Investitionskredite für Handwerk, Kleingewerbe und Landwirtschaft vermitteln.

Die Spar- und Darlehnskasse in Landwehrhagen gab vor allem kurzfristige Zwischenkredite „für den Wiederaufbau der vielen kriegszerstörten Wohnhäuser und Wirtschaftsgebäude“ und griff dafür ebenfalls auf die Refinanzierung durch die Landesgenossenschaftsbank zurück. Um ihre Eigenmittel zu erhöhen und so unabhängiger wirtschaften zu können, sahen die Banken eine ihrer wichtigsten Aufgaben darin, das Vertrauen in die neue Währung zu stärken und „den Spargedanken zu pflegen“. Innerhalb von nur 24 Jahren hatten die Sparer in Deutschland nun zum zweiten Mal durch Inflation und Währungsreform ihre Ersparnisse verloren. Wenn die Geldwirtschaft als Grundlage des wirtschaftlichen Wiederaufbaus funktionieren sollte, musste die Bevölkerung Vertrauen in das neue Geld fassen und über Spareinlagen den Bankensektor mit Kapital versorgen. Nachdem der erste Bedarf an Verbrauchsgütern gedeckt war und die für Sparer nachteilige „Behandlung der Sparguthaben bei der Geldneuordnung“ ein wenig in den Hintergrund getreten war, warben die Genossenschaftsbanken erfolgreich um neue Einlagen: Die Volksbank Holzminden richtete 1952 fast 1.000 neue Sparkonten ein, ein Zuwachs von mehr als 82 Prozent. 1953 hieß es, dass „die Periode des Mißtrauens gegen unsere Währung … überwunden“ sei und „die D-Mark heute als eine ebenso ‚harte‘ Währung wie der US-Dollar“ gelte. Einen beachtlichen Anteil an der hohen Nachfrage nach Sparkonten hatten das „Vereinssparen“, die steuerbegünstigten Sparverträge und das neue „Gewinn-Sparen“ der 1952 gegründeten „Gewinnspargemeinschaft Niedersachsen e.V.“. Auch bei den ländlichen Spar- und Darlehnskassen stiegen die Spareinlagen und ein Teil der Einlagensteigerung konnte für Neu-Kredite bereitgestellt werden. Für das Vertrauen förderlich war auch, dass die Volksbank Holzminden als eine der ersten Banken der Bundesrepublik ihren Mitgliedern die Gutschriften der Altsparerentschädigung zustellen konnte. Mit dem „Altsparergesetz“ zur Minderung der Härten der Währungsreform von 1953 erhöhte die Bundesregierung die Umstellung der Sparguthaben, die schon 1940 bestanden hatten, von 6,5 auf 20 Prozent.

Zwischen 1946 und 1973 prägt der Vorstand Erich Hauschild die Volksbank Holzminden. Hier in seinem Büro in den 1950er Jahren.